„Als ich heute früh zur großen Buche kam, war es ringsum still. Nur die Vögel im Waldinnern hörte ich. Die Sonne trocknete die letzten blanken Regentropfen von den Blättern. Nach den Kindern sah ich vergeblich aus. Aber heute nachmittag kamen sie auf bloßen Füßen den Grasweg heraufgetrappelt. Sie werden immer zutraulicher, und ich merke, wie dankbar sie sind, daß sich jemand mit ihnen beschäftigt. Ich erzählte ihnen Märchen. Einige der größeren Kinder kannten sie noch von ihrer Schulzeit her. Sie hörten sehr aufmerksam und gespannt zu.”
In ihrem Tagebuch und mit ihrer Kamera hält Agnes Blanke die kurze, aber sehr innige Zeit fest, die sie mit den Sinti-Kindern in Dreihausen im Spätsommer 1942 verbringt. Ein eindrückliches Dokument der Mitmenschlichkeit, geschrieben in einer Zeit, in der viele den Glauben an diese Eigenschaft schon längst verloren hatten.
Mirko Meyerding (Hg.):
Geliebte Zigeunerkinder.
Das Tagebuch der Agnes Blanke.
56 S., 13 Fotos, € 8,50
ISBN 978-3-939762-04-1
Verlag: i-verb.de
Im Januar 2009 konnten wir das Tagebuch von Agnes Blanke in Buchform herausbringen. Für uns waren diese Aufzeichnungen und vor allem die Fotos sehr wichtig. Fotos, die fröhliche Kinder beim Spiel zeigen, lachende Gesichter. Namen und Geschichten zu diesen Bildern. Bilder, die einen nicht mehr loslassen.
So ging es auch unseren Schülern, als wir 2005 damit begannen, uns mit dem Schicksal der Sinti-Kinder zu beschäftigen. Die Fotos und die Tagebuchauszüge wurden zum Ausgangspunkt für unser Projekt.